Fehlbildungen des zentralnervösen Systems, im speziellen des Gehirns (cerebrale Dysmorphien), werden schon während der Schwangerschaft und bei der Geburt auf verschiedene Art und Weise ausgelöst. Störungen der Entwicklung prägen alle Ebenen der Ausbildung eines Kindes. Ein Embryo wächst pro Minute um 250.000 Neuronen und ist Außenreizen beinahe schutzlos ausgeliefert (siehe Kapitel Das Neuron). In Bezug auf die Herausbildung der funktionellen Systeme gibt es altersgebundene kritische Phasen, in denen gewisse Bereiche besonders sensibel sind. Einige Störungen können auf diese erhöhte Verletzbarkeit zurückgeführt werden. Die Formatio reticularis zur Aktivierung sowie die sensorischen und motorischen Regionen befindet sich in etwa bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres in einer solchen Phase (siehe Kapitel Das Stammhirn; Aufmerksamkeit und Konzentration; Spezielle Gehirn Zentren und Areale). Beim Corpus callosum dauert das Auswachsen bis zum fünften Lebensjahr (siehe Kapitel Das Großhirn; Leitungsstörungen). Die Herausbildung des Parietallappens geht vom fünften bis zum achten Jahr von statten und die präfrontalen Areale entstehen im Alter zwischen 12. und 24. Weitere Entwicklungsstörungen haben ihren Ursprung darin, dass die Anzahl und Struktur der Chromosomen abweichen (Chromosomenanomalien). Zu den häufigsten Defiziten dieser Art zählt die Trisomie 21, auch Down-Syndrom (DS) genannt, bei der das 21. Chromosom dreimal vorhanden ist. Menschen mit DS weisen einen niedrigen Intelligenzquotienten und Störungen kognitiver Funktionen, wie ein Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität, auf (siehe Kapitel Aufmerksamkeitsstörungen). Darüber hinaus sind sie in der Regel kleiner, ihre Nasenwurzel hat eine flache Form und ihre Augen sind mandelförmig. Außerdem leiden sie an sehr flexiblen Gelenken und Hypotonie. Neben biologisch gegebenen Voraussetzungen spielen der Gesundheitszustand der Mutter sowie der übermäßige Konsum bestimmter Substanzen, wie Koffein, Nikotin und Alkohol eine entscheidende Rolle. Der Alkoholmissbrauch der Mutter kann mitunter zum fetalen Alkohol Syndrom (FAS) führen. Das Kind leidet in Folge dessen unter kognitiven Störungen, womit auch Verhaltensauffälligkeiten einhergehen. Desweiteren sind die Verzögerung des Wachstums und offensichtliche Merkmale im Gesicht, wie eine dünne Oberlippe, kennzeichnend. Heut zu Tage stehen einige Verfahren zur Verfügung, die bereits vor der Geburt eine annähernde Diagnose solcher Störungen ermöglichen. Darüber hinaus existiert eine Reihe an Trainingsmöglichkeiten, die im Zusammenspiel der neuronalen Plastizität zur Besserung oder Heilung mancher kognitiver Defizite betragen können (siehe Kapitel Das Neuron; Interventionen bei Entwicklungsstörungen).
So wie das Eisen außer Gebrauch rostet und das stillstehende Wasser verdirbt oder bei Kälte gefriert, so verkommt der Geist ohne Übung. Leonardo da Vinci