Um ins Langzeit- oder Referenzgedächtnis aufgenommen zu werden, müssen Informationen nicht unbedingt vorher Eingang ins Kurzzeitgedächtnis gefunden haben. Langzeitgedächtnisprozesse umfassen die Übersetzung (Enkodierung), Verfestigung (Konsolidierung), Abspeicherung und schließlich das Vergessen des Wissens. Das Langzeitgedächtnis übernimmt dann Funktionen, Inhalte zu identifizieren, zu reproduzieren und auf Basis des vorhandenen Wissens zu produzieren. Emotional behaftete Inhalte bleiben besser im Gedächtnis. Zudem wirkt sich ein guter Schlaf begünstigend auf die Abspeicherung im Langzeitgedächtnis aus. Das Langzeitgedächtnis lässt sich in ein deklaratives und non-deklaratives Gedächtnis aufspalten.
Das deklarative oder explizit abrufbare Gedächtnis speichert Informationen, die bewusstseinsfähig sind und deswegen erklärt werden können. Dieses ist weiter in episodisches und semantisches Gedächtnis unterteilt. Während das episodische Gedächtnis an alltäglich erlebte Ereignisse erinnern lässt und sich an subjektiven Merkmale orientiert, können aus dem semantischen allgemeine Fakten, wie bestimmte Daten oder Sprache, abgerufen werden. Durch das semantische Gedächtnis bilden sich für uns generalisierbare Prototypen mit entsprechenden Assoziationen heraus, wie das Idealbild eines bestimmten Tieres oder einer Menschengruppe. Für diese zuständig sind der Neocortex und der mediale Temporallappen. Beim Aufrufen des autobiographischen Gedächtnisses erinnert man sich an Ereignisse des eigenen Lebenslaufs. Meist reicht diese Erinnerungsfähigkeit bei Erwachsenen nicht weiter als bis zum dritten Lebensjahr zurück. Auch die Erinnerung daran, dass man eine Handlung in der Zukunft ausführen will, wird im deklarativen Gedächtnis im prospektiven Gedächtnis abgespeichert.
Inhalte, die im non-deklarativen oder impliziten Gedächtnissystem Platz finden, haben automatisierten Charakter und können meist nicht genau erklärt werden. Beispielsweise handelt es sich dabei um die Anwendung einer Grammatikregel zur Bildung einer bestimmten Zeitform, die man aber momentan nicht benennen kann. Der Zugriff auf diese im Langzeitgedächtnis gespeicherte Information erfolgt automatisch. Bewusstes Nachdenken kann im Zusammenhang mit non-deklarativer Gedächtnisarbeit den flüssigen Ablauf stören. Allerdings besteht bei diesen Gewohnheitshandlungen die Gefahr der Geistesabwesenheit. Das bedeutet, man tut Dinge, die man im Nachhinein nicht mehr genau weiß. Beispielsweise ist man unsicher, ob man die Wohnung zugesperrt hat. Dabei entscheidend ist, wie viel Aufmerksamkeit auf die Handlung gelenkt wird (siehe Kapitel Aufmerksamkeit und Konzentration). Im non-deklarativen Gedächtnis ist das prozedurale Gedächtnis beheimatet, das in den Basalganglien (siehe Kapitel Das Großhirn) und im Cerebellum verortet wird. Letzteres spielt auch für die klassische Konditionierung eine wichtige Rolle. Eine weitere Unterform dieser Informationsspeicherung stellt das Perzeptuelle Repräsentationssystem (PRS) im Neocortex zur Verarbeitung von Formen und Strukturen eingegangener Stimuli dar. Wichtig für dieses ist der Priming-Effekt. Bei diesem trägt Vorerfahrung im Sinne einer Wegbereitung oder Prägung dazu bei, dass man besser reagieren oder sich Inhalte besser merken kann. Beispiele hierfür sind, wenn ein Lückentext nach dem Lesen einer Wortliste mit den Wörtern aus der Liste richtig gefüllt, ein Bild nach Betrachtung des vollständigen nachgezeichnet werden kann oder ein Produkt aus der Werbung beim Einkauf schneller gefunden wird.
Wenn man sich an Gedächtnisinhalte nicht mehr erinnern kann, ist dies auf mehrere Gründe zurückzuführen. So ist es möglich, dass die Informationen aufgrund mangelnder Wiederholungen oder Unwichtigkeit schlichtweg nicht ausreichend gespeichert worden sind. Inhalte können aber auch einfach vergessen werden. Von einmal fest abgespeicherten Informationen bleibt nach einer Zeit ohne Wiederholung und darauf folgenden Vergessen von Details meist ein recht stabiles Stammwissen übrig. Im Gegensatz zum Vergessen, kann der Zugriff auf manche Informationen auch gestört werden. Dies passiert, wenn man angestrengt beispielsweise an einen Liedertitel, Namen oder Ähnliches denkt und sich der begehrte Inhalt aber nicht abrufen lässt. Bei diesem intensiven Nachdenken werden ständig dieselben Bahnen aktiviert, um zu dieser Information zu gelangen. Durch diesen „Krampf“ werden andere mögliche Verschaltungen gehemmt. Erst wenn sich diese Blockierung gelöst hat und sich die Schaltkreise beruhigt haben, ist das Gehirn bereit, alternative Lösungswege einzuschlagen (Inkubationseffekt). Deshalb passiert es häufig, dass uns die Antwort auf eine Frage, vergessen geglaubtes Wissen oder auch neue Ideen nach einer Ruhepause einfallen. Erinnerungen können aber auch ungewollt plötzlich ausgelöst werden (Persistenz). Durch ähnliche Situationen oder Hinweisreize, wie Gerüche kehren vor allem emotional behaftete oder traumatische Ereignisse immer wieder zurück. Darüber hinaus ist auch das Phänomen der falschen Erinnerung (False Memories) von großer Bedeutung. Durch eine Art der Beeinflussung wird die Erinnerung an ein Geschehnis verändert und das Individuum glaubt an die falsche Version. Beispielsweise können Suggestivfragen diese Veränderung verursachen. Bei einer Verzerrung werden gespeicherte Informationen im Verlauf der Zeit verändert. Eine Art der Fehlattribution ist die sogenannte Quellenamnesie, bei der der Ursprung einer Information einer falschen Quelle zugewiesen wird. Zum Beispiel, wenn man glaubt, etwas in den Nachrichten gesehen zu haben, es aber von einem Bekannten gehört hat. Auch das bekannte Deja-vu gehört zu dieser Gruppe. Dabei hat man das Gefühl, eine Situation schon einmal erlebt zu haben, ist aber unsicher, ob dies wirklich stimmt. Abgesehen von diesen verhältnismäßig leichten Gedächtnisstörungen, die psychologischer Behandlung bedürfen sind hochgradige Schädigungen des Gedächtnisses Ursache für neurologische Behandlungen (siehe Kapitel Gedächtnisstörungen und Kapitel Demenz).
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So wie das Eisen außer Gebrauch rostet und das stillstehende Wasser verdirbt oder bei Kälte gefriert, so verkommt der Geist ohne Übung. Leonardo da Vinci